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Warum in die Ferne schweifen - eine Harzreise (Mai 2014)
Im Frühjahr 2014 hat es uns nicht in ferne Gefilde gezogen, sondern wir haben ganz schnöde einen Ausflug zum "Das Höchsten im Norden" unternommen. Am Arbeiter- und Kampftag fand bei "Möbel-Müller" in Thale das 3. (oder 4. - da war man sich auf der Teilnahmeurkunde nicht so sicher) Ostmobiltreffen statt. Das Wetter war gar nicht feiertäglich, pünktlich zum Start am frühen Nachmittag öffneten die Wolken ihre Schleusen. Trotz alledem war die Anzahl der anwesenden Zweiradler nicht ohne, auch wenn die Trabantfraktion gefühlt die größte Gruppe darstellte. Ein wenig sah es aus wie früher auf dem Parkplatz der Berufsschule. Beim Bummeln über das Veranstaltungsgelände, vorbei an den Kettensägen - Schnitzern, ließ der Regen etwas nach und wir beschlossen die geplante Zweiradtour durch den Harz doch nicht entfallen zu lassen. Beim Stopp zum Posen an der Eisdiele (naja - so viele begeisterte Gäste waren dann doch nicht da) hörte es sogar auf zu regnen, um beim anschließenden Restart mit Ausdauer weiter zu Gießen. Dementsprechend waren wir beim nächsten Oldtimertreffen an der Harzköhlerei bei Hasselfelde bis auf einen vor sich hin pröttelnden Ursus (= polnische Version des Lanz) alleine, konnten dafür aber unsere Zschopauerinnen an der passenden Stelle platzieren

Ein weiterer Ausflug führte uns zum UAZ - Treffen an den Gegensteinen. Auch wenn die Fahrzeuge an dem Wochenende noch nicht artgerecht bewegt wurden (saubere russische Geländewagen - wo gibt es denn so etwas), waren die Leutchen am frühen Morgen schon gut drauf. In einer schönen Runde hatten wir im weiteren Verlauf viel Spaß an der motorisierten erdnahen Fortbewegung.
Schlag auf Schlag führte uns der nächste Ausflug zum Ziegeleimuseum in Westeregeln. Etwas abseits vom Ort gelegen wurde hier das komplette Ensemble einer Ziegelei mit großem Ringofen und Nebengebäude erhalten. Kurz nach der Wende wurde die Anlage stillgelegt und anschließend restauriert. Ein besonderes Highlight stellt die alte Tongrube dar, in der heute eine recht umfangreiche Feldbahn - Gleisanlage aufgebaut ist. Natürlich haben wir die Chance für eine Mitfahrt genutzt. Ein aus der Region stammender Geologe (Hr. Wächter) informierte uns über die Besonderheiten der Region, denn hier gab es nicht nur die Tongrube, sondern angrenzend auch einen Gipsabbau. Das der Gips für die Qualität Ziegelproduktion nicht optimal war, konnten man dabei auch lernen. Westeregeln war in der Vergangenheit auch ein Ort der Salzgewinnung, aber außer ein paar Straßennahmen ("Schacht 3") und die Integration des Förderturms in das Modellbahnmodell in der Ziegelei, hatten wir keine Zeit hier weiter auf Spurensuche zu gehen.
Nachdem sich der Bahnhof Westeregeln als Lost Place herausgestellt hatte, fanden wir den richtigen Weg zum Bahnhofsfest nach Egeln. Mit Dieselloks einiger Privatbahnen, dem NOHAB - Freundeskreis, Sonder- und Führerstandsmitfahrten, einem Busshuttel zur Ziegelei Westeregeln, Modellbahnen, ein paar Ostmobilen und einer interessanten Eisenbahnausstellung in einem Zug war der Besuch recht kurzweilig, wenn auch das Wetter nicht wirklich dem sonnigen Mai entsprach.
Wenn man schon in der Gegend ist, kann man auch gleich zum neu eröffneten Fahrzeugmuseum in Staßfurt durchstarten. Der Zweckbau im Industriegebiet wirkt auf den ersten Blick eher unauffällig, aber wenn man ins Innere tritt, ist man überwältigt. Die riesige Halle ist gefüllt mit einer Unmenge von ostdeutschen Fahrzeugen und auch Alltagsgegenständen. Für mich das besondere Highlight waren die sehr vielen im Ursprungszustand belassenen Fahrzeuge. Dabei ist "Ursprungszustand" wunderbar weit gefasst. Eine Vielzahl von tollen bis zu skurrilen Eigenbauten heischt um Aufmerksamkeit. Neben "zeitgenössischen" straßentauglichen Rennemmen, Enduroumbauten, Minimopeds mit Schubkarrenrädern, diversen MZ basierten Drei- und Vierrädern, Fahrrädern und Schmuckstücken aus der Suhler Produktion warten auch Trabant, Lada und Co auf das Bestaunt werden. Viele der Exoten, wie zum Beispiel den Strandbuggy Wartbant, Spaß- und Transportmittel auf Basis von Altteilen oder ein selbstgebauter Hubschrauber, sieht man in den normalen Ausstellungen nicht. Als bekennender Patinafreund fühlt man sich wie im Paradies, denn nur die auch noch in großer Anzahl vorhandenen Neufahrzeuge glänzen, alles andere sieht aus wie aus der Scheune von nebenan. Wir bleiben nur eine knappe Stunde, aber eigentlich bräuchte man viel mehr Zeit und am Besten eine Sonderführung vom Chef des Hauses.
Der "Balkan" liegt nicht nur in Südeuropa, sondern es ist angeblich auch der Name einer seit einigen Jahren stillgelegten Nebenbahn am Harzrand. Auf dem Gelände des ehemaligen RAW's in Quedlinburg (mehr Infos siehe hier) stehen mittlerweile Solarkollektoren. Das erste Stück zwischen Quedlinburg und Gernrode ist seit einigen Jahren Bestandteil des 1000 mm Streckennetzes der Harzer Schmalspurbahnen. An den Bahnhöfen kann man das zwar nicht unbedingt sehen, aber immerhin fährt noch ein Zug. Das ist im weiteren Verlauf schon länger nicht passiert, dafür hat sich in einem der nächsten Orte ein neuer Besitzer für den Bahnhof gefunden und schön umgebaut.
An einem ehemaligen Bahnübergang steht schon seit Jahre das Wärterwohnhaus leer. Trotz der sehr offensichtlichen Lage und des langen Leerstands lohnt sich ein Blick ins Innere.
In der Mitte der ehemaligen Strecke gibt es zwei Bahnhöfe. Der Westbahnhof bietet noch einen ganz passablen Eindruck, auch wenn von hier nur noch Busse fahren. Demgegenüber ist der Ostbahnhof komplett verriegelt und verrammelt und zeugt von einem Brandschaden. Der ehemalige Lokschuppen beherbergt heute einen Fahrradhändler/- verleih, der Güterschuppen ist nicht mehr nutzbar.
Im weiteren Verlauf habe ich noch drei wirklich verlassene Orte besucht: ein DDR - Altneubau, eine gar nicht so alte Konservenfabrik und eine passende Villa. Alles liegt auf engstem Raum und bietet interessante Perspektiven, auch wenn fast schon alles ausgeräumt ist.

Auch Friedrichsbrunn bietet neben Natur und angenehm beschaulicher touristischer Infrastruktur verlassene Orte, allerdings bevorzugen wir die nicht zentrumsnahe Variante. Durch die Natur schlendern wir vorbei an der großen und kleinen Teufelsmühle zum ehemaligen Betriebsferienheim der Draht- und Seilwerke Rothenburg. Den ehemaligen Aussichtsturm gibt es schon längere Zeit nicht mehr, dafür sind die meisten Gebäude zum zeitpunkt unseres Besuches noch in brauchbarem Zustand. Wer sich auf die leicht morbide Atmosphäre perfekt einstimmen möchte, sollte vorher im Internet mal nach Hulk-Hogan-Double Bernd Brehmers Ende suchen …

Ein Wanderziel das man sich nicht entgehen lassen sollte ist der "Grand Canyon" des Ostens - das Bodetal. Wir wählen den Einstieg von Treseburg und schon nach wenigen Metern läuft uns das erste Eichhörnchen über den Weg. Von ruhig dahin fließend bis wild sprudelnd veränderte sich das Gebirgsflüsschen Bode, die Felsen bilden insbesondere im mittleren Teil eine imposante Szenerie. Im Talrestaurant "Königsruh" (ex Hirschgrund) machen wir eine Brotzeit und lassen uns die Sonne auf den Bauch brennen. Die Erosionen hat auf dem letzten Abschnitt nach Thale an den Hängen ganze Arbeit geleistet: Die Schurre zur Rosstrappe ist schon seit längerem gesperrt, aber auch die Zufahrt zur Königsruh über den Goethefelsen umgeht man auf der rechten Bodeseite.
Gegenüber den Attraktionen des Harzes steht der nördlich liegenden Höhenzug des Huys etwas im Schatten seines großen Bruders. Aber auch hier warten ein paar Sehenswürdigkeiten auf das Entdeckt werden. Anhand von ein paar Tupperdosen finden wir den Weg. Die Daneilshöhe sind 3 in den Berg gearbeitete Kammern um die sich natürlich auch eine Sage rankt. Weiter Östlich liegt Schwanebeck, bekannt durch seine ehemalige Zementfabrik. Auf dem Weg dorthin kann man einen alten Bunker (leider nur von außen) mitnehmen, auch das eigentliche Gelände der Zementfabrik beherberg zwei Cache.
An den Gegensteinen in Ballenstedt findet am Wochenende ein Training für klassische Enduros statt. Wir statten den Enthusiasten einen Besuch ab, schnuppern rizinusgeschwängerte Abgase und lauschen dem Därändändäng der Zweitakter. Ein paar mehr Bilder gibt es auf einer Extraseite.
Doch nicht nur der Nordostharz bietet interessante Ziele. Auf der Mansfelder Seite erkunden wir ein paar Tupperdosen, schauen im interessanten Karst - Städtchen Questenberg vorbei und genießen die weitläufige Landschaft.
Viel zu schnell ist der Urlaub im Herzen von Deutschland zu Ende, aber eins ist sicher: Wir kommen wieder!