Home

Enduro

Reisen Zweispurig Lieb-Links
 
Westalpen 2020 - Mir ist's egal wo ich fahre (September 2020)
2020 ist für Alle anders als normal. Unsere ursprüngliche Idee Bulgarien unsicher zu machen haben wir relativ schnell auf später verschoben, organisiert 4x4 nach Polen wollte man uns angesichts von "nur AT's und keine Winde" nicht mitnehmen und "wie Alle" zur Ostsee fahren, wollten wir nicht. Vor rund 10 Jahren waren wir mit unserem Vitara schon einmal in den Westalpen und hatte versprochen wieder zu kommen. Angesichts der Infos im Netz zur Befahrbarkeit wählten wir teilweise die bequeme Variante und schlossen uns für eine Woche der "Großen Alpenüberquerung" von TC Offroadtrekking an.
Für die Anreise nach dem DRZ - Treffen haben wir uns Zeit gelassen, auch wenn der erste mehrstündige Stau quasi hinter der Haustür begann. Beim mehrtägigen Zwischenstopp beim Neuwirt in Untermieming genossen wir die österreichische Gastfreundlichkeit und erkundeten nebenbei das Umland. Die geplante Tour auf einem geliehenen Moped haben wir wetterbedingt (Timmelsjoch 3° und Schneeregen) auf irgendwann verschoben. So blieb mehr Zeit das wirklich interessante Umland zu erkunden. Die Oldtimer von vor 10 Jahre stehen noch immer da, nur hat der Fahrer im Schnellrestaurant anscheinend zu lange warten müssen ….
Auf der Fahrt zum Comer See über den Reschenpass führte uns mal wieder eine Tupperdose zu einem sehr interessanten Ort. Direkt neben der Straße liegt gut versteckt ein alter Bunker des italienischen Alpenwalls (Valle Alpino) aus der Zeit des II Weltkrieges in erstaunlich gutem Zustand. Die Schießscharten sind perfekt in die Umgebung integriert, Modelleisenbahner wären stolz auf eine solche Arbeit. Aber wenn man die Tür gefunden hat, öffnet sich ein verborgenes Reich. Mit ein wenig eigenem Licht lässt sich die Anlage bequem erkunden.
Am Comer See holte uns das touristische Treiben ein. Im Campingplatzgebiet in Domaso war es schon voll, aber wir fanden ein passables freies Plätzchen und waren erstaunt über die ausgesprochen regelkonformen Italiener - Distanz und Maske wurden fast besser als zu Hause umgesetzt. Der Trend zum Wohnmobil oder VW Bus für den Urlaub war deutlich erkennbar, als normaler Zeltler und selbst als Wohnwagenfahrer war man in der Minderheit. Um auch ein wenig die eigenen Beine zu bewegen, führte uns eine Wanderung von Novate Mezzola nach San Giorgio, einem halb verlassenen und nur zu Fuß erreichbarem Dorf oberhalb in den Bergen. Schon auf dem Weg dahin fanden wir erste Feldbahnreste.
Das eigentliche Highlight war für uns allerdings die Trasse der ehemaligen und teilweise noch aktiven Feldbahn Treccolino für das Wasserkraftwerk. Die Trasse ist heute als Wander-/ MTB -Weg ausgeschildert und die Tunnel sind sogar teilweise beleuchtet. Der Ausblick ins Tal ist genial und wer genau hinschaut kann auch in der Dunkelheit Leben entdecken.
Ein Tag Kultur und Dolce Vita mit dem Besuch von Bellagio (standesgemäß von Menaggio per Fähre übergesetzt, hier möchte ich in der Hochsaison keinen Parkplatz suchen müssen) war auch drin. Der Touristenrummel war sicherlich nicht so stark wie in normalen Zeiten und wenn man ein wenig "in die Ecken" schaut gibt es selbst an der Flaniermeile noch einige Juwelen die wachgeküsst werden müss(t)en.
Eine etwas unbekanntere Sehenswürdigkeit befindet sich südlich des Comers Sees. In Cosonno hatte man in den 70'er einen Freizeitpark als eine Art italienisches Las Vegas im arabischen Stil gebaut. Angeblich schon 1976 war es vorbei mit der offiziellen Pracht, denn ein Erdrutsch zerstörte die Zufahrt und seitdem dämmert der Freizeitpark als heute gut besuchter Lost Place vor sich hin. Mit dem Auto kann man ungefähr bis auf einem Kilometer ranfahren, mit zwei Rädern ist der Besuch definitiv möglich. Wie so oft leiteten uns die Koordinaten eine Tupperdose und so kamen wir in den Genuss von ein paar schicken teilweise offroadigen Abstechern. Es zeigte sich mal wieder - die letzten hundert Meter Luftlinie können die schwersten sein. Wir waren am Wochenende dort und trafen eine Menge Italiener bei einem Spaziergang, eigentlich fehlt nur noch eine Gelateria.
Über schnöde Autobahnen, mal wieder um Mailand rum und dann durch das landwirtschaftlich genutzte Flachland, ging es für uns weiter nach Prazzo, dem Ausgangspunkt der organisierten 4x4 Tour. Da wir eine Woche Zeit zur Anreise hatten, waren wir auch geplant einen Tag zu früh auf dem empfehlenswerten Campingplatz "Valle Maria Ponte Marmora". Auch andere Offroader trieben sich hier rum (z.B. von der "Konkurrenzreisegruppe") und so konnten wir den Abend mit angenehmen Gesprächen ausklingen lassen.
Bei bestem Wetter - sprich sonnig, aber nicht zu warm - wanderten wir vorbei am Kletterpark hinauf in die Berge zum "Balkon". Dort war die Aussicht zwar genial, aber "unser Platz" war schon besetzt und die Alternativen waren recht windig. Dafür hatten wir mehr Muße das Getier auf dem Weg zu beobachten.
Für 20 Uhr am Sonntag - Abend war das offizielle Kennenlernen der TC Tour angesagt. Unsere Gruppe hatte sich auf der anderen Seite der Straße eine Wagenburg aufgebaut und "AJ" - unser Guide - hatte sich schon Sorgen gemacht, da wir virtuell nicht erreichbar waren. Aber so ist das halt bei uns wenn wir Urlaub haben: Außer Kamera und Navi haben die elektronischen Helferlein Pause und wir verkriechen uns in unsere (Zelt) Höhle ;o). Nach einer allgemeinen Vorstellungsrunde und Infos zur Tour haben wir uns für die Abfahrt für den nächsten Tag verabredet. Gemeinsam im Kreis des quasi Lagerfeuers zu sitzen hat was und wir waren wirklich eine große Truppe:
1. AJ als Guide im Defender 110
2. Zwei Kreuzfahrer im Pajero Benziner "Püppi" mit enormer Laufleistung
3. Unsere KfZ - Retter in der Not mit Defender 110 mit viel Licht
4. Zwei erfahrene Schweitzer Weltreisenden im Defender 110 (www.landy-2-xplore.com) - Danke für den Titel des Reise ;o)
5. Ein stiller Favorit in unserem geheimen Klassiker Lada Niva
6. Ein immer gut gelauntes Pärchen im Ford Ranger
7. Ein weiteres junges Pärchen als Petrolheads im Jeep Grand Cherokee
8. Eine große "Kleinfamilie" im Defender mit Hund
9. Die Vater - Sohn Connection im Toyota Landcruiser
10. Zwei Fotoexperten im Defender 110
11. Wir als Schlusslicht mit unserm "Shorty"
Alle waren gut ausgerüstet, wie zu erwarten waren bei dieser Einsteigertour praktisch alle Mitreisenden Offroad - Einsteiger, selbst wenn wirklich imponierende Reiseerfahrungen per pedes oder auf zwei oder vier Rädern vorlagen. Damit kamen manche übliche Floskeln unter Offroadern, ala der "Sticheleien zwischen Landy und Lancruiser" nicht wirklich an, da müsste ich wohl noch ein wenig sensibler werden ;o)
Mit Funk ausgerüstet ging es los zum ersten Fahrtag. Wir entschlossen uns das Ende zu bilden, denn damit hat man ein paar mehr Freiheiten, außerdem "muss" man am Ende meist auch etwas schneller sein oder kann auch mal einen zusätzlichen Stopp (zum Tupperdosen suchen oder so) einlegen ;o)
Der erste Dämpfer ergab sich durch die aktuelle Corona - Lage, denn seit kurzem war Frankreich tabu. Das hieß umdisponieren für AJ, hat aber gut funktioniert und wir haben sehr viel aus den beschränkten Möglichkeiten rausgeholt. Los ging es von Roccabruno in einer Runde gen Süden zurück zum Zeltplatz vom Vorabend und dann auf die Maira Stura - Kammstraße bis zum Campingplatz in Demonte mit gemeinsamen Abendessen. Die Wolken verbreiteten unterwegs teilweise eine mystische Stimmung und beim Anblick der Schäfer fühlte man sich fast wie in Rumänien.
Unterwegs traf man die lustigsten Mobile und Touristen und eine besondere Freude waren für uns immer wieder die zahllosen Panda 4x4 (das kleine Original). Warum rüsten wir eigentlich unseren dicken Offroader so auf?
Der nächste Vormittag war auf Grund des Auslassens von Frankreich eine schnöde Überführungsetappe auf Asphalt. Wir waren zwar nicht per WhatsApp live trackbar, kamen aber doch pünktlich gegen Mittag am Startpunkt der Asietta an.
Auf der Asietta Kammstraße tummelt sich alles was laufen und fahren kann, wobei fahren hier aus unserer Sicht die bessere Alternative ist. Neben Klassikern ala R4 sind hier sehr viele Reiseenduristi unterwegs, wobei die Umgangsformen im Regelfall freundlich sind. Wir haben uns am Ende der Gruppe entspannt zurück gelehnt und mit "Shorty" die Rangieraktionen von G und Co in den Kehren beobachtet. Es war ein Vorteil am Ende der Truppe zu sein, so blieb immer Zeit für einen Plausch und Zeit zu vermelden das wir die Letzten (und nicht das Letzte sind).
Wenn man dann mal einen Pass "erobert" hat, wird man wie üblich von Panda oder Gravelbikern auf den Boden der Realität zurückgeholt. In der Hinsicht ist eine Tour durch die Westalpen immer eine Demutstour - aber besser haben als hätte…
"Püppi" als Kilometermethusalem fand die Asietta so beeindruckend, dass sie per erhöhter Wassertemperatur einen Extrahalt einforderte. Dank geballter technischer Kompetenz und ausreichend Wasser war das aber kein Grund aufzugeben. Während die Fachleute sich um die Gesundheit der Kleinen kümmerten, sicherten wir ohne Warndreieck gegenüber dem doch recht emsigen Verkehr ab.
Weiter ging es auf der sehr sehenswerten Kammstraße, vorbei an echten einheimischen Schäfern und wir fanden sogar Zeit noch schnell eine Tupperdose in einem alten Bunker zu loggen.
Hinter der Fotostelle (hier kriegt auch der Solist Aktionbilder) machten wir Rast um dann dem Ende dieses gut genutzten Offroadpanoramas entgegenzustreben. Beim Anblick der Moppedfahrer hat es schon ein wenig in der rechten Hand gejuckt…
Die Nacht verbrachten wir oberhalb von Puys "wild zeltend" in der Nähe der Skihütte "Punta Colomion" von Rachel und ihrem Mann und kamen dabei in den Genuss eines Abendessens (und eines einzelnen WC's). Der Schnaps im Zucker (oder andersrum?) war eine gute Vorbereitung auf das Lagerfeuer zum Ausklang des Abends. So richtig warm ist es Anfang September auf 2000 Meter Höhe nicht mehr.
Mit einem deftigen Frühstück mit Spiegelei wurden unsere Kräfte am Morgen geweckt um dann auf der Chickenroute ins Tal abzusteigen. Der heutige Tag hält einige Offroadklassiker für uns bereit. Über Bardonecchia und vorbei an ein paar "lustigen" E - MTB'lern geht's zum Fort Foens. Interessant zu wissen ist, dass die Pisten nur noch zu bestimmten Tage befahren werden dürfen, aber unser Mittwoch passt. Wir erkunden ein wenig die alte Festung, Getränke für die Nacht sind von den Vormietern vorhanden.
Auffi, auffi heißt die Devise des Tages, der Monte Jafferau wartet darauf auch von uns besucht zu werden. Der Argumentation von AJ "die größere Gruppe fährt, die anderen müssen Platzmachen" spricht für unsere Größe. Aber glücklicherweise ist schon Nachsaison. So kommen wir ganz gut auf den "Parkplatz" unterhalb des Gipfels. Oben haben wir noch einen schönen Plausch mit einem echten (und nicht Eisdielen) Scrambler BMW Fahrer um dann noch ein wenig die Teile unter der Erde zu erkunden.
Wieder ein paar Höhenmeter verloren, ist das nächste Ziel unser geplant Übernachtungsort Fort Pramand. Vorher geht es vorbei am Berggeist und durch den renovierten Tunnel.
Der Übernachtungsort am Ford Pramand ist eine gute Wahl. Wir können zwar nicht ganz oben übernachten, da sich dort schon ein paar Schweitzer einquartiert haben (die tagsüber am Skihang unterm Monte Jafferau gezeigt hatten wie es nicht geht …), dafür sind wir aber recht windgeschützt. Nachdem wir das Fort erkundet haben, geht es per Pedes zur Grotte de Saras unterhalb auf der anderen Seite. Während wir froh sind auf zwei Beinen sicher unterwegs zu sein, kommt uns ein Einheimischer auf seiner Zweitaktknäterbüchse entgegen. Von unserer Begeisterung ist er sichtlich angetan und so spielen sprachliche Barrieren keine Rolle. Respekt wie easy er die Auffahrt meistert, wir freuen uns über den anschließenden Besuch der Grotte.
Am Abend machen wir es uns am Lagerfeuer bequem und der "Fischbüchsenfuchs" (falls er hier auch so heißt wie auf Korsika) schaut bei uns vorbei.
Der nächste Tag führt uns zunächst zurück ins Tal nach Salbertrand weiter zum Einkaufen in Oulx und dann über Clavier durchs Skigebiet zum Lago Negro. Hier treffen wir "unser" BMW Pärchen. Die beiden Norddeutschen kämpfen sich mit ihren Wasser - Kühen ernsthaft die Berge hoch und wenn es mal nicht weiter geht, ist er ganz Kavalier und im Team meistern sie die Strecke. Auch in den kommenden Tagen finden wir immer mal wieder etwas Zeit für einen Plausch am Wegesrand. Am Lago Negro können wir bei einer Umrundung ein wenig die Füße vertreten und mittlerweile sehen die Autos auch artgerecht aus.
Zurück auf Asphalt biegen wir wenig später ins Valle Argentera ein um unterhalb eines Wasserfalls unsere Zelte aufzuschlagen. Beim Abstecher zur Alm am Ende des Tals werden wir von Katzen und Murmeltiere beobachtet, hier ist es schön für den Urlaub, aber vermutlich anstrengend zu leben.
Der heißblütige Pajero bekommt am Abend eine professionelle Mac Gyver Reparatur. Die Kühlprobleme sind immer noch nicht beseitigt, denn der Viskolüfter lüftet anscheinend nicht. Unser Kfz - Experte nimmt sich des guten Stückes an und mit Metallkleber wird der Lüfter zum Dauerbetrieb verurteilt. Zurückgelassen wird Keiner, ab dem nächsten Morgen gehören die Probleme der Vergangenheit an. Auch kulinarisch ist der Abend etwas ganz besonderes, denn als kleinen Snack gibt es rustikales Käsefondue (oder Raclette?) am Lagerfeuer.
Nur einen guten Kilometer entfernt auf dem Berg wohnen die eigentlichen Nutzer der Campwiese. TC lädt uns zu einem rustikalen Frühstück beim Bergbauern auf der "Alpe Plane" ein und wir kommen in den Genuss von Kaffee, Käse, Wurst und Weißbrot. Wer möchte kann sich mit einem naturnahen Käsevorrat eindecken und auch das Herzchen - Häuschen wird wieder ausgiebig genutzt ….
Bevor wir uns auf den Weg zum höchsten Punkt der Reise machen, können wir noch eine Wasserdurchfahrt ins Programm einbauen. Frau Kuh macht noch recht unspektakulär den Anfang und die Kleinen finden es auch nicht wirklich interessant.
Aber dann geht es los und während sich auf der einen Seite die Paparazzi sammeln, kommt auf der anderen Seite das Kind im Manne zum Tragen und am Ende hat auch keiner Wasser in den falschen Hals bekommen ;o)
Auf dem Weg zum Col de Sommeiller machen wir kurz Halt in der Nähe unseres Nachtplatzes, lassen einen Fünfer pro Auto als Maut abdrücken und treffen - mal wieder - "unsere" BMW'ler. Sie sind schon auf dem Weg nach unten, wir dürfen noch hoch. Die Auffahrt führt durch eine schöne einsame Bergregion und selbst jetzt im September liegt noch einiges an Altschnee. Vom Fahrrad bis zum Auto ist hier alles unterwegs was Räder hat, von überlaufen kann man aber jetzt wirklich nicht sprechen.
Auf dem Parkplatz und auf der Bergspitze machen wir ein paar schicke Bilder, als letztes Ziel des Tages gönnen wir uns hier allein ein Käffchen. Auf dem Rückweg zum Stausee Lac Rochemolles bummeln wir noch ein wenig und genießen mit vielen Stopps die alpine Natur, die sich aber auch von ihrer raueren Seite zeigt.
Die Zeltstelle am Stausee ist kein echter Geheimtipp, denn neben unserer großen Truppe und ein paar Einzelkämpfern übernachten hier auch noch einige Schweizer Offroader. Dem bemühten Ural - Fahrer ist dies Zuviel, er tuckert wieder von dannen.
Der Stausee ist optimal und lädt zum Umrunden ein. Mit der richtigen Kameraposition sieht das anschließende Bild am Zelt auch gleich so einsam wie im Campermobil - Prospekt aus ;o)
Es ist der letzte gemeinsame Abend mit der Gruppe, beim Lagerfeuer werden die letzten Reste der hochprozentigen Seelentröster vernichtet. Die Gedanken sind bei den Meisten schon auf dem Rückweg, den die Anzahl der Risikogebiete steigt. Wir werden noch mit ein paar Tipps versorgt, wir haben zwar noch eine Woche Zeit für die Rückreise, sind aber www - mäßig eher unterversorgt.
Ab dem nächsten Morgen geht es solo weiter, heute ist der Monte Jafferau wieder befahrbar und wir gönnen uns die Anfahrt über die Skipiste. Die Kühe interessieren sich überhaupt nicht für uns, dafür ist der Verkehr erstaunlich. Interessant sind die italienischen ATV - Fahrer, bei denen sich oft der eher noble Fahrer vorne bemüht auf der Strecke zu bleiben, während hinten die Signora auf dem Smartphone daddelt. Das gibt es aber auch auf der Reiseenduro. Oben ist gerade Platz und so lassen wir es uns trotz der obligatorischen Wolke über dem Berg nicht nehmen ein Gipfelfoto zu machen.
Nach einer Mittagspause an den Militärbaracken unterhalb des Monte Jafferau kommen wir recht ungeschoren zur Caserne am Tunnel Galleria del Seguret. Unterwegs kommt uns eine andere TC Gruppe (u.a. mit einem J15 Fahrer) entgegen, glücklicherweise sind das nur sechs Autos. Da wir eine verkehrsarme Lücke erwischt haben, erkunden wir noch ein wenig den Tunnel. Gut mit Mitteln der EU saniert, stellt er für motorisierte Alpentouristen kein Problem dar. Zu Fuß oder mit MTB ist es vielleicht etwas ungemütlich und feucht an die Füße, aber die in manchen Karten noch eingetragene Umgehung als Wanderpfad ist auf einem guten Stück komplett abgeutscht und definitiv nicht mehr begehbar.
Für die nächsten Tage haben wir uns auf dem Zeltplatz Grand Bosco bei Oulx eingenistet. Außerhalb des Dauercamperareals gleicht der Platz einem Fahrerlager, überall stehen zwei und vierrädrige Offroader. Am nächsten Morgen pünktlich zur Öffnung düsen die ersten Enduristi los, eine schicke Atmosphäre. Damit bietet sich der Platz optimal für Ausflüge in die Umgebung an, denn mit guten Tipps wird man von den Mitreisenden auf Wunsch versorgt.
Die Asietta ist heute wieder befahrbar und diesmal steigen wir von Sauze D' Oulx ein. An der Gasttstätten Sportinia sammeln sich die ersten Ausflügler, wir genießen unseren ersten Cappuciono des Tages. Hocherfreud stellen wir erneut fest, das die DRZ - Dichte in der gesamten Region hoch ist.
Weiter oben wollen wir den Tunnel unterhalb des Col de Basset erkunden. Während man vom Süden ganz gut hinein kommt, ist die Gegenseite fast komplett verschlossen. Wir genießen weiter die Piste und nutzen jeden legalen Seitenweg. Hinter der Fotostelle in der Nähe vom Col Bourget kommen wir zwar super zum Skilift, die eine Abfahrt lassen wir angesichts tiefer Auswaschungen und Lampenresten doch lieber. Der Bergbauer braucht im Gegensatz zu uns seinen Allradler wirklich, sein Patrol hat sicher schon einiges erlebt.
Am Ende kommen wir am Col de Finestre raus, besichtigen kurz das Fort und beobachten den Menschenauflauf am Wochenende. Die geschotterte Nordseite wird von Einigen mit einer Rennstrecke verwechselt, das spielt es keine Rolle ob mit oder ohne passendem Gerät.
Auf der abschließenden Fahrt über die "1000" Serpentinen nach Susa sind wir froh einem motivierten Einheimischen zu folgen und keinen langen Defender zu haben. Zur Feier des Tages gibt es einen Stadtbummel durch Susa und ein dickes Eis.
Auch am nächsten Tag wandeln wir teilweise auf den Spuren der TC - Tour. Allerdings biegen wir nach einem Cappuccino an der Punta Colomion in Richtung Süden ab. Der Beginn des Weges ist gut fahrbar, aber nach einiger Zeit kommt man zu einer abgerutschten Engstelle, die nur mit Aufwand auf 4 Rädern zu bewältigen wäre. Es würde sich auch nicht wirklich lohnen, denn einige Zeit später ist der Weg wirklich nur noch für Zweiräder geeignet. Wir wandern zu den Resten der Militäranlage hinter der Punta Mulattiera und erkunden sie fast gemeinsam mit den Murmeltieren und Kühen.
Dass unterirdisch noch viel mehr zu sehen gewesen wäre, stellen wir allerdings erst im Nachhinein auf Open Street Maps fest. So haben wir schon mal ein Ziel für die Zukunft.
Vorbei an Rachel wählen wir für die Abfahrt nach Bardonecchia die etwas interessantere Skipiste über Plan del Sole. Der Ort selbst ist von der Verkehrsführung ein wenig unübersichtlich und zur Siesta komplett verschlafen. Der Virus spielt an vielen Stellen eine Rolle, auch hier sind die Einheimischen ausgesprochen vorsichtig.
Da wir keine offene Gelateria finden, stromern wir offroad noch ein wenig durchs Valle Della Rho bis zur Endegeländewendestelle herum. Unser dringend notwendiges Eis finden wir erst im Ortskern von Sauze d Oulx.
Dass es etwas windiger war, hatten wir schon den ganzen Tag gemerkt. Das damit aber unser Zelt in Mitleidenschaft gezogen wurde, lag allerdings einfach nur am mangelnden Abspannen des Eingangsbereiches. Keine große Sache, die Stange ließ sich gut reparieren, aber vielleicht wird es doch Zeit mal etwas Neues zu suchen.
Da Frankreich und auch die Region um den Genfer See mittlerweile Risikogebiet waren, mussten wir unsere Rückreise etwas um planen. Statt vor Aosta noch ein wenig abseits des Asphaltes zu spielen, blieb nur schnöder Asphalt. Dafür lohnte es sich allerdings direkt in Aosta einen Zwischenstopp zu machen, denn nach der Zeit in den Berg bot der Ort ein sehr interessantes städtisches Leben.
Auf den kommenden Kilometern sammelten wir ordentlich Kurven auf den verschiedenen Alpenpässen. Ganz unschweizerisch präsentierte sich dabei das an der Nordseite des San Bernard Passes gelegen Skigebiet mit den Resten der Liftanlage. Ganz einfach war es nicht diesen Lost Place zu erkunden, denn am Parkplatz davor baute die Polizei eine Kontrolle in Richtung Italien auf. Aber auch ohne Lost Place lohnt es sich den Weg über den Pass zu nehmen und bei den originalen Bernhardinern vorbeizuschauen.
Über einen Campingplatz an der Furkabahn in Fietsch, Furka- und Sustenpass und eine Nacht in Luzern sind wir auf dem Weg nach Deutschland. In der Schweiz ist uns noch die hohe Anzahl an Eseln (die echten mit den langen Ohren) auf den Weiden und selbst auf der Straße aufgefallen.
Das Deutschland auch ein sehr interessantes Reiseziel ist, zeigt uns die letzte Nacht in der mittelalterlichen Stadt Wetzlar. Von dort sind es nur noch wenige Stunden bis nach OWL. Ein letzter Zwischenstopp an einem verlassenen Puff (der Lampenschirm erinnert schon ein wenig an das Schweigen der Lämmer), schon ist der Urlaub wieder vorbei.
Im Nachhinein war der Urlaub in den Westalpen sehr erlebnisreich. Ein paar Planänderungen waren zwar notwendig, aber die Wahl des Urlaubsziels war richtig. Den krönenden Abschluss - aber wie zu erwarten ohne Corona - Krönchen - bildete der vorsorglich gemachte negative Coronatest.
In Zukunft werden wir wohl wieder alleine fahren, trotz der Vorteile in der Gemeinschaft haben wir uns zu sehr an die Möglichkeiten der freien Einteilung gewöhnt. Auch heute kommt man in den Westalpen gut alleine zurecht, die Beschilderungen vor Ort sind auch meist in Englisch oder sogar in Deutsch, die Wanderkarte der Region von Fraternali im Maßstab 1:50.000 sehr stimmig (inclusive gesperrter Strecken) und auf den "einschlägigen" Zeltplätzen bekommt man von Gleichgesinnten Infos aus erster Hand. Vielleicht ändert sich unsere Meinung auch schnell wieder, wenn wir dann von den Vorteilen der ständigen Erreichbarkeit überzeugt sind, aber so lange verkriechen wir uns weiter in unsere offline Zelt - Höhle …